30 minuten mit der wirklichkeit
Leute kennen lernen geht hier im Norden doch ganz einfach. Ich hatte vor einer Wohnungsbesichtung noch eine halbe Stunde Zeit und steuerte das nächstgelegene Café an, zwecks Aufwärmung. Auf dem Weg hierher war ich schon an genug Hunden vorbeigekommen, die beim Beinchenheben festgefroren waren, nebst verzweifelter Besitzer, die den Notruf der Feuerwehr überlasteten. Dieses Schicksal sollte mich nicht ereilen.
Das Café war rappelvoll, und so blieb mir nichts anderes übrig, als die einzig andere allein sitzende Person (zufällig männlich) zu fragen, ob wir uns den Tisch nicht teilen könnten. Er hatte nichts dagegen. Ich setzte mich. Wir schwiegen aneinander vorbei. Starrten Löcher in die Luft, haarscharf neben dem Kopf des Anderen. Dann sagte ich: "Das Anschweigen ist mir jetzt ein bisschen zu blöd. Soll ich Dir eine Geschichte erzählen?" Er hatte nichts dagegen.
Also erzählte ich die Geschichte vom Schlauchboot, welches mein Bruder festzubinden vergaß. Er lachte. Dann entspann sich eine nette Unterhaltung, er wohnte mit einem Mädel zusammen, mit dem ich vor Jahren einmal zusammen gearbeitet hatte, wir mochten dieselben Filme, er war schon oft in Lateinamerika unterwegs, wir warfen uns spanische Satzfetzen an den Kopf, die Welt ist eine Erbse und Donnerstag gehen wir zusammen Dr Seltsam schauen. Ganz einfach, wirklich.
alpinweiss - 8. Jan, 16:51